Page 29 - ZVSHK_meisterwerke_Update_02/2019
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 Nicht nur Körperkraft, sondern vorausschauendes Arbeiten und Gründlichkeit sind im Handwerk gefragt.
meisterwerke: Frau Brauer, Sie haben zunächst eine Banklehre absolviert, be- vor Sie Ihre Ausbildung als Anlagenme- chanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik begonnen haben. Was hat Sie motiviert ins Handwerk zu wechseln? Und was macht für Sie das Besondere an Ihrem Beruf aus?
Madita Brauer: Ja, das stimmt, ich habe zuerst eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Schnell war mir allerdings klar, dass es zwar eine wichtige Aus- bildung ist, aber einfach nicht für mich und meine Zukunft bestimmt war. Mir fehlte vor allem der persönliche Kontakt zu Menschen, denen ich wirklich eine Freude machen kann. Die also zu mir kommen, weil sie etwas benötigen. Und ich nicht irgendetwas verkaufe, wovon ich vielleicht selbst nicht zu 100 Pro- zent überzeugt bin. Nichtsdestotrotz würde ich die Ausbildung nach wie vor immer wieder machen, da ich die gewonnenen Kenntnisse nirgendwo anders finden würde. Ins Handwerk zu gehen war zunächst erstmal eine Schnapsidee. Mein Vater besitzt eine Handwerksfirma und so lag es praktisch immer vor meiner Nase. Allerdings hatte ich kaum Kontakt zu Werkzeugen, Baustellen oder Ähnlichem. Wirklich überzeugt hat mich dann das Triale Studien-System. Dadurch kann ich zusätzlich zur handwerklichen Ausbil- dung noch ein Studium absolvieren. Das empfand ich als reizvoll und im Nachhinein hat mich die Ausbildung so geflasht, dass ich sie auch ohne Studium begonnen hätte.
meisterwerke: Was war Ihre Intention, den Instagramkanal „Frau im Hand-
werk“ (instagram.com/frauimhandwerk) zu starten? Haben Sie ausschließlich positives Feedback darauf bekommen?
Madita Brauer: Meine Erfahrung hat mir deutlich gezeigt, dass die Ausbil- dung auch ohne Studium zu mir ge- passt hätte. Was mir in dem Zusam- menhang jedoch missfiel, ist, dass die Werbung für das Handwerk irgend- wie zu kurz kam und ich die Vorteile und Möglichkeiten nicht kannte. Das hat mich dazu getrieben, das Hand- werk neu zu präsentieren. Wichtig fand ich auch, Frauen anzusprechen, denn auf dem Handwerkermarkt sind Frauen leider nur selten zu finden. Dem wollte ich gegensteuern und meinen Alltag auf der Baustelle als Frau aufzeigen. Ich bin froh, dass der Kanal so gut an- genommen wird und ich ausschließlich Unterstützung und positives Feedback bekommen habe.
meisterwerke: Haben Sie in Ihrem Arbeitsalltag hin und wieder mit Vor- urteilen zu kämpfen?
Madita Brauer: Viele Frauen haben be- stimmt mit irgendwelchen Vorurteilen zu kämpfen. Ich habe das Glück, damit nie Probleme gehabt zu haben. Mir und meinen Monteuren ist völlig bewusst, dass schwere Gussheizkörper nicht täg- lich von mir geschleppt werden können und müssen.
talents&skills
meisterwerke: Warum ist es so wichtig, dass der handwerkliche Wirtschaftszweig weiblicher wird?
Madita Brauer: Weil alle von Fachkräf- temangel reden und sich alle darüber be- schweren. Aber im gleichen Zug werden 50 Prozent der Bevölkerung außen vor gelassen. Das sollte sich ändern, um dem Problem entgegensteuern zu können.
meisterwerke: Was wären Ihre Tipps für Frauen, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, ins Handwerk zu gehen?
Madita Brauer: Ganz wichtig: einfach anfangen und ausprobieren. Praktika etc. helfen, um sich einen ersten Ein- druck zu verschaffen. Wenn die Kol- legen nicht so nett sein sollten, liegt das nicht am Handwerk, sondern an der Firma oder den Kollegen selbst. Bitte nicht das Handwerk verurteilen und dadurch meiden. Ich denke, dass Aufklärung in der Schule auch ein wichtiges Thema sein kann. Genau wie Pflichtpraktika, um Frauen und auch Männer wieder für das Handwerk zu begeistern.
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