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Coronavirus und Arbeitsrecht: Das sollten Betriebe wissen

Das Coronavirus breitet sich immer weiter aus, die Verunsicherung ist auch in den Betrieben groß. Was man über arbeitsrechtliche Konsequenzen des Virus wissen muss.

Das Coronavirus breitet sich immer weiter aus. In deutschen Firmen ist die Verunsicherung daher groß – sowohl auf Arbeitgeberseite als auch bei der Belegschaft. Was man über arbeitsrechtliche Konsequenzen des Virus wissen muss.

Wie muss der Arbeitgeber reagieren, wenn ein Fall im Betrieb auftritt?

Zeigt ein Mitarbeiter Symptome von Covid-19, ist das zuständige Gesundheitsamt der erste Ansprechpartner für Betriebe, wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag erklärt. Das Gesundheitsamt ist dann für den Meldeweg zuständig und prüft, welche weiteren Maßnahmen zu ergreifen sind. Außerdem informiert die Behörde, wie sich Arbeitgeber weiter zu verhalten haben.

Hat ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz entsprechende Symptome, sollten Arbeitgeber ihn nach Hause oder zum Arzt schicken, damit geklärt wird, ob es sich wirklich um das Corona-Virus handelt, empfiehlt die IHK für München und Oberbayern.

Bekommen Arbeitnehmer weiter Geld, wenn der Betrieb schließt?

Schließt ein Betrieb aus eigener Entscheidung heraus, muss der Arbeitgeber auch das Entgelt für seine Mitarbeiter weiterzahlen. Gleiches gilt, wenn eine Behörde ein Unternehmen schließt. Arbeitnehmer behalten ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können, heißt es beim DGB Rechtsschutz.

Kann ich als Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragen, wenn ich Auftragsengpässe wegen des Coronavirus habe?

Ja, Arbeitgeber können Kurzarbeitergeld beantragen, wenn sie Aufgrund von Lieferengpassen ihre Mitarbeiter nicht beschäftigen können. Wichtig ist, dass Chef zuerst die zuständige Bundesagentur für Arbeit kontaktieren, heißt es beim Zentralverband des Deutschen Handwerks. Diese prüft, ob die Voraussetzungen für die Leistung erfüllt sind. Voraussetzung ist, dass ein Unternehmen aufgrund von Krankheitsfällen durch das Coronavirus Kurzarbeit anordnet und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt. Der Bezug von Kurzarbeitergeld ist möglich, wenn die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind. Das kann der Fall sein, wenn aufgrund des Coronavirus zum Beispiel Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird.

Wo bekomme ich finanzielle Hilfe, wenn ich Auftragsausfälle habe?

Aufgrund des Coronavirus kann es bei einigen Handwerksbetrieben möglicherweise zu Lieferengpässen oder anderweitigen Ausfällen kommen. Unter Umständen können Aufträge nicht (rechtzeitig) erfüllt werden. Wie der ZDH informiert, können die Deutschen Bürgschaftsbanken Kredite mit Bürgschaften besichern. Eine kostenlose Anfrage für ein Finanzierungsvorhaben könne in wenigen Minuten und sicher über das Finanzierungsportal der Deutschen Bürgschaftsbanken gestellt werden.

Was muss der Arbeitgeber tun, um seine Mitarbeiter vor Infektionen zu schützen?

„Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Arbeitnehmern Fürsorgepflichten“, sagt Niclas Volkening, Leiter der Rechtsabteilung der Reply AG in Gütersloh. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um Arbeitnehmer „vor Gefahren für Leib und Leben bei Verrichtung der Arbeit zu schützen“. Tut er das nicht, können die Mitarbeiter Schadensersatzansprüche geltend machen. Als Blaupause für das Vorgehen im Fall eines infizierten Mitarbeiters kann Webasto herhalten: Der Automobilzulieferer hatte Ende Januar nach dem Auftreten des ersten Falls in Stockdorf bei München den betroffenen Standort vorübergehend geschlossen. Mittlerweile sind diesem Beispiel weitere Unternehmen gefolgt. So hat unter anderem der Maschinenbauer DMG Mori seinen Standort Pfronten im Allgäu nach der Infektion eines Mitarbeiters vorübergehend geschlossen. Auch die Unternehmensberatung Ernst & Young lässt die rund 1600 Mitarbeiter ihres Düsseldorfer Standorts vorübergehend von zu Hause arbeiten, nachdem dort ein Corona-Fall aufgetreten war. Eine vorübergehende Standortschließung sei „die weitreichendste, aber vermutlich auch die effektivste Maßnahme, um eine Weiterverbreitung des Virus unter den Mitarbeitern zu vermeiden und damit etwaigen Schadensersatzforderungen frühzeitig vorzubeugen“, so der Unternehmensjurist. Es stünden aber grundsätzlich auch mildere Maßnahmen zur Verfügung, etwa ein Rundschreiben an die Mitarbeiter mit Hinweisen zu möglichen Symptomen und Hygienemaßnahmen, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren.

Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor Infektionen präventiv zu Hause bleiben?

Nur wenn es eine entsprechende Weisung des Arbeitgebers gibt, dürfen die Mitarbeiter zu Hause bleiben. Auf eigene Faust präventiv nicht zur Arbeit zu erscheinen, ist nicht erlaubt. „Ein Arbeitnehmer ist entweder gesund oder krank“, sagt Esther Dehmel, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Wirtschaftskanzlei CMS. „Er hat kein Recht, präventiv zu Hause zu bleiben, nur weil sich die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung erhöht.“ Das gilt selbst dann, wenn im Betrieb Corona-Fälle aufgetreten sein sollten. Denn das Coronavirus und andere Infektionswellen oder Pandemien würden das gültige Arbeitsrecht nicht außer Kraft setzen, so Dehmel. „Arbeitgeber haben grundsätzlich dieselben Befugnisse wie bisher und in Notfällen auch darüberhinausgehende Rechte, insbesondere im Bereich des Direktionsrechts.“

Dürfen Berufsschüler zu Hause bleiben?

Eine Ausnahme gilt für Berufsschüler unter anderem in Baden-Württemberg und Bayern: Laut Weisung der jeweiligen Kultusministerien sollen diese die Einrichtung nicht besuchen, wenn sie sich in den vergangenen zwei Wochen in einem Risikogebiet aufgehalten haben – unabhängig davon, ob sie Symptome wie Husten, Halsschmerzen oder Fieber haben. Ob die Berufsschüler in einem solchen Fall auch ihrem Ausbildungsbetrieb fernbleiben dürfen, müssen sie jedoch im Einzelfall mit ihrem Ausbilder oder Vorgesetzten abstimmen.

Welche Regelungen gelten für Dienstreisen?

Die Entsendung auf Dienstreisen ist weiterhin möglich. „Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter weiterhin in vom Coronavirus betroffene, ausländische Gebiete auf Dienstreise schicken oder entsenden, solange keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes oder eine entsprechende Empfehlung der WHO oder des Robert Koch-Instituts vorliegt“, sagt Arbeitsrechtsexpertin Dehmel. In der Praxis würden aber viele Unternehmen freiwillig auf Dienstreisen in betroffene Gebiete verzichten. Für die schwer betroffene chinesische Provinz Hubei hat das Auswärtige Amt eine Teilreisewarnung ausgesprochen. Eine Dienstreise in diese Region dürfen Mitarbeiter wegen der bestehenden Risiken derzeit ablehnen. Auch für bestimmte Provinzen in Norditalien, den Iran und Südkorea gelten Reisehinweise des Auswärtigen Amtes.

Darf der Chef erkennbar kranke Mitarbeiter nach Hause schicken?

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers schließt ein, auf Krankheitszeichen bei Mitarbeitern zu achten und diese gegebenenfalls nach Hause zu schicken – auch im Interesse der übrigen Belegschaft. Das gilt erst recht, wenn der Mitarbeiter in den vergangenen 14 Tagen in China, Südkorea, Norditalien, dem Iran oder auch einem der besonders stark betroffenen Landkreise in Deutschland war. In einem solchen Fall sollte der Betroffene umgehend zum Arzt geschickt werden. Zudem sollte der Arbeitgeber darum bitten, umgehend über die tatsächliche Erkrankung informiert zu werden, „damit gegebenenfalls entsprechende Schutzmaßnahmen für den Rest der Belegschaft getroffen werden können“, so CMS-Juristin Dehmel. Sollte sich der Verdacht auf eine schwerwiegende Infektionserkrankung wie das Corona-Virus bestätigen, muss der Arbeitgeber umgehend Verbindung zum zuständigen Gesundheitsamt aufzunehmen, um weitere Maßnahmen abzustimmen.

Muss der Arbeitgeber Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verletzungs- und Erkrankungsrisiken im Betrieb so gering wie möglich sind, heißt es beim DGB Rechtsschutz. Zu den erforderlichen Maßnahmen hierfür kann es auch zählen, dass der Arbeitgeber Desinfektionsmittel bereitstellt. Welche Schritte ein Betrieb unternehmen sollte, hänge aber immer von den Faktoren dort ab - zum Beispiel, ob die Mitarbeitenden Kundenkontakt haben oder nicht.

Wie sieht es mit weiteren Maßnahmen aus?

Arbeitgeber sind in der Pflicht, ihre Mitarbeiter über Risiken und Möglichkeiten aufzuklären. Dazu gehört es dann beispielsweise, Informationen zur Husten- und Niesetikette bereitzustellen und Regeln für den Umgang miteinander festzulegen, wie die IHK für München und Oberbayern erklärt. Atemschutzmasken, Handschuhe oder sonstige Schutzausrüstung könne ebenfalls unter Umständen zu zumutbaren Maßnahmen gehören - das hängt aber vom Betrieb ab.

Mit Inhalten aus dpa

Dies ist eine Information der Deutschen Handwerkszeitung https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/

Stand: 03.03.2020

Weitere Informationen:

Arbeits- und Gesundheitsschutz: Informationen zum Corona-Virus

Information der Bundesvereinigung Bauwirtschaft zum Corona-Virus und Schutzvorkehrungen Mehr lesen